Die weißen Ritter aus Kaliningrad

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«Jin Ling»

The Russian Blow Job

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updated 2008-10-29 22:30 Uhr

Kaliningrad, eine abgelegene russische Enklave im Baltikum, eingeklemmt zwischen Litauen und Polen, sorgt für rote Köpfe und alarmiert die westlichen Behörden. Rußland wird vorgeworfen, Großbritannien und Europa mit preiswerten, geschmuggelten Zigaretten zu überschwemmen. Dieser Vorwurf ist völig ungerechtfertigt, denn Kaliningrad übt nur seine Rechte der Globalisierung und den, durch den WTO-Vertrag postulierten und allseits ratifizierten Neoliberalismus aus.

Es scheint sie also doch noch zu geben, die mutigen, verdeckt arbeitenden Journalisten, wenn auch in verschwindend kleiner Zahl.

Ein belastendes Video, wovon «The Guardian» gestern Auszüge publiziert hat, wurde vom verdeckt recherchierenden Journalisten Duncan Campbell in einer riesigen Fabrikhalle in Kaliningrad gedreht. Das Video ist scheinbar so brisant, daß es zu diplomatischen Konsequenzen kommen wird zwischen Großbritannien und Rußland, die eine bereits angespannte Beziehung voraussichtlich noch weiter verschlechtern wird. Das ist ein weiterer, teurer Preis für ein Rauchverbot, das unsinniger nicht sein könnte und wofür man scheinbar alles in Kauf nimmt, egal was es finanziell oder gesellschaftlich kostet. Diese Sturheit ist beachtenswert.

Das Video zeigt wie die Baltic Tobacco Company (BTC), anscheinend in russischem Besitz, im großen Stil die chinesische Zigarettenmarke «Jin Ling» herstellt und vom Aussehen her einer Art Camel-Packung gleicht. Die Firma verkauft sie dann ausschließlich containerweise an Schmuggler zu 0.20 US$ pro Päckchen. Die geschmuggelte Ware taucht überall in Europa auf, von Litauen bis Venedig.

Auf den ersten Blick sieht sie aus wie eine Schachtel «Camel». Gelb, halbrunder Schriftzug, ein Widder auf der Vorderseite statt eines Kamels. «Jin Ling»-Zigaretten werden aus Rußland in Nacht- und Nebelaktionen über die Autobahnen Osteuropas nach Deutschland geschmuggelt. In Russland kosten sie umgerechnet zwei Euro – pro Stange.  Und so wächst seit Jahren der Handel mit den Glimmstängeln. «Mit jeder Tabaksteuererhöhung wird es mehr», sagt ein Berliner Zollfahnder, der nicht namentlich genannt sein will.

Letztes Jahr wurden in einer einzigen, für Großbritannien bestimmten Schiffsladung 500 000 solcher Zigarettenpäckchen in Dänemark sichergestellt. Diesen Monat fand man, gemäß Aussagen der britischen Zollbehörden, versteckt hinter einer LKW-Ladung voller Kabel «Jin Ling» Zigaretten in GB-Coventry. Dabei wurde ein Pole verhaftet. Zollbehörden in ganz Europa stellten 2007 über 258 000 000 geschmuggelte «Jin Ling» Zigaretten sicher. Die EU-Bürokraten der Anti-Betrugsabteilung in Brüssel haben deshalb eine kostenintensive, internationale Task Force auf die Beine gestellt. Der Kopf dieser Truppe, Austin Rowan, sagt: «Der Schmuggel von «Jin Ling» ist ein immenses Problem für die EU geworden, welches substantielle Verluste sowohl für das EU-Budget, als auch für nationale Budgets verursacht.»

Jetzt wissen wir es also auch offiziell, weshalb das Rauchen nicht verboten wird, sondern Raucher «nur» gegängelt und diskriminiert werden. Nebst der Erdölsteuer ist die Tabaksteuer nämlich EU-weit die größte Verbrauchssteuer und ohne diese Einnahmen käme manches nationale Budget arg ins Schwanken.

Die Videobeweise wurden vom Internationalen Konsortium Investigativer Journalisten in Washington, einer nicht profitorientierten Gruppe, welche auch osteuropäische Journalisten einschließt, entgegengenommen, was einer Auszeichnung für gut geleistete journalistische Arbeit gleichkommt. Damit keine Mißverständnisse aufkommen: Ich unterstütze solchen Recherche-Journalismus und bedaure, daß es nicht mehr davon gibt.

Der Journalist gab sich als rumänischer Käufer aus und ihm wurde bei Vorauszahlung eine Containerladung für weniger als 60 000 US$ F.O.B. und abfahrbereit im Hafen offeriert, die in den Straßen Londons beim Verkauf zum halben offiziellen Preis mindestens einen Wert von 2 338 650 US$ haben. Alleine in Berlin haben die Schmuggler 300 Verkaufstellen! Dieser Mehrwert wird einzig durch den Staat mit seinen Tabaksteuern erzeugt. Es ist eine Schande, daß sich der Staat einfach ein Naturprodukt aneignen kann, um dann daraus seine eigenen mafiösen Geschäfte zu machen.

Hier wird einem anschaulich die staatlich monopolisierte Abzocke für eine gewöhnliche Naturpflanze demonstriert. Die Frage stellt sich: Wer ist hier die Mafia – der Staat oder die Schmuggler? Was ist abscheulicher – staatliches Raubrittertum oder die Gleichberechtigung aller in bezug auf den Neoliberalismus, auch den der Schmuggler? Der Staat ist der Schädling, der sich nicht an die Regeln der WTO hält und sich als einziger nicht an die ökonomischen Spielregeln hält und nicht der Schmuggler, der, wie alle anderen Grossfirmen, dort produziert, wo die Produkte oder Arbeitskräfte am billigsten sind und die Rahmenbedingungen stimmen!

Je höher man die (Schweizer) Tabaksteuer schraubt (Schweizer Bundespräsident Pascal Couchepin lässt grüssen), umso rentabler werden die Geschäfte für Schmuggler. Das ist bei allen legalen wie illegalen Produkten so. Sogenannte natürlich wachsende Pflanzen, vom Staat willkürlich als Drogen deklariert, was auch nur eine zweckdienliche Etikettierung ist, wie etwa einheimische Pilze (Magic Mushrooms), ab 2008 in der Schweiz verboten, werden unter dem Deckmantel der Gesundheit erst illegalisiert, nur damit der Staat später bei einer Deregulierungswelle Steuern darauf erheben kann, analog den Abschussgebühren von Jägern (Das Jagen war früher den «Oberen Mehrbesseren» vorbehalten). Wird jetzt nebst einem Jagdaufseher auch noch hinter jedem Baum ein pistolenbestückter Pilzaufseher in den Schweizer Wäldern zu vermuten sein?

Erstes Semester, Uni St. Gallen: Es gibt nichts Unproduktiveres als die Bürokratie. Heerscharen von kaufmännischen Angestellten belasten die Firmen nur, weil ein, wie ein Furunkel am Arsch, ständig anschwellender Bürokratenapparat nie aufhören wird sich zu expandieren, bis wir alle ein einzig Volk von Beamten sein werden. Einen Behördenstopp wird es nie (!) geben, denn diese wissen gabz genau, wie man sich seinen Arbeitsplatz erhält und seien die Auswirkungen noch so stupide. Ich würde gerne mal den volkswirtschaftlichen Schaden, der aus der Bürokratie jährlich entsteht und die jährliche Zuwachsrate wissen. Wer es weiss, hinterlasse bitte einen Link oder Kommentar zu dieser Frage.

Wo ist denn eigentlich hier der Unterschied dieser neu geschaffenen Task Force der EU gegen den Schmuggel, zu den simplen  Bandenkriegen wie in den Slums von New York, Los Angeles oder San Francisco? Wo sind hier die vielgepriesenen Werte der Globalisierung und des Neoliberalismus? Gelten diese Gesetze etwa für staatliche Steuer-Erpresserbanden nicht, die mit allen polizeilichen und militärischen Mitteln ausgestattet, Strafsteuern auf Tabak der eh schon aus der Gesellschaft ausgeschlossenen und gebeutelten Rauchern nötigend abknöpfen und somit mittelalterliches Raubrittertum betreiben? Es scheint, für den Staat gilt das Strafrecht nicht, nur für einen Raucher und angeblich noch mündigen Bürger.

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Wes Brot ich ess, des Lied ich sing

2005 wurde nach genau 100 Jahren der Absinth wieder legalisiert und es dauert nicht mehr lange, bis die 850 000 Schweizer Kiffer dies auch legal tun dürfen. Ich begrüsse diese Entwicklung, denn meiner Ansicht nach hat weder irgend ein Staat, noch irgend eine Genfirma das Recht, sich frei in der Natur vorkommende Pflanzen entweder per Dekret (Staat/Steuer) oder per Patent (Monopol statt Wettbewerb) anzueignen. Nicht zu vergessen sind auch die Steuern, die der Staat von legalen Drogenbaronen wie GlaxoSmithKline, Merck-ScheringPlough oder Pfizer garniert und unser Gesundheitssystem durch die Unterstützung deren (nicht etwa der Patienten) Interessen früher oder später zum Kollabieren bringt.

Felix Gutzwiller,  1948 geboren, seit 1988 Direktor der Prohibitions- (neusprech oder neudeutsch heute «Prävention» genannt) und Sozialmedizin der Uni Zürich, Mitglied des Verwaltungsrates Sanitas, Mitglied des Verwaltungsrates der Hirslanden-Klinikgruppe, Mitglied des Verwaltungsrates der Pharmafirma Siegfried AG und seit diesem Jahr FDP-Ständerat des Kantons Zürich hat allen Grund, seine im Mai 2004 im Parlament eingereichte Rauchverbotsinitiative zugunsten der Pharmamafia durchzuziehen. Denn um Schutz vor Feinstaub geht es keineswegs! Er kaufte nämlich im Januar 2007 einen Offroader, eine massiv mehr produzierende Feinstaubschleuder als jeder für Nichtraucher homöopathische, passive Tabakrauch in irgend einer Kneipe es je sein könnte. Deshalb bekämpft er ja auch ein Verbot von Offroader. Denn dafür müsste er erst die Tantiemen eines Verwaltungsrates bei den grossen Autoimporteuren erhalten, was offensichtlich nicht der Fall ist. Wes Brot ich ess, des Lied ich sing! Ein Politiker also, der nur seine eigenen Interessen vertritt, wie so viele andre auch.

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Tödliche Pharmazie

Allein in Deutschland sterben jährlich 68 000 Menschen in Spitälern an falscher oder tödlich giftiger Medikation! Eine Untersuchung brachte an den Tag, daß, zumindest gemäß Ärzten, immerhin 28 000 davon vermeidbar wären. Ich denke, alle wären vermeidbar, doch welcher Arzt will schon sein Gesicht verlieren und Tacheles reden? Da machen sich die von Sabine Bätzing postulierten und von der Wissenschaft längst und peinlich widerlegten 3301 «Passivrauchtoten» geradezu lächerlich aus.

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Junk Science

Anti-Tabak-Wissenschaftler Konrad Jamrozik, Australia, der im Auftrag der EU eine Studie verfasste und hochoffiziell erklärte, daß in der Schweizer Gastronomie NULL «Passivrauchtote» zu beklagen seien und in der EU pro Land gerade mal 3.3 «Passivrauchtote» jährlich in Kneipen zu beklagen seien zeigt auf, wie hirnrissig die Kapnophobiker die gesamte, über 500 Jahre gewachsene Kultur mit all deren Arbeitsplätzen und gemütlichen Beizen aus religiösen Glaubensgründen kaltblütig zu vernichten suchen. Dass Jamrozik überhaupt noch ein paar nichtexistente «Passivrauchtote» hochrechnen konnte ist nur dem Unstand zu verdanken, daß er Parameter und Zahlen miteinbezog, die von andren Wissenschaftlern heftig kritisiert wurden. Doch das stört weder Jamrozik, noch die Presse, noch die Politiker, schließlich ist die populistische Windfahne wichtiger für die Wiederwahl, als Wissen und Fakten.

To The Guardian’s Video

Das Elfte Gebot:

Sich nicht erwischen lassen!

Deutschland
Der Kauf von bis zu 400 Zigaretten wird mit einem Verwarngeld bestraft. Bis zu 100 Zigaretten sind 15 Euro fällig, bis zu 250 Zigaretten 25 Euro. Für zwei Stangen (400 Stück) illegaler Zigaretten werden 35 Euro Strafgeld verhängt.

Wer zwischen zwei und fünf Stangen Zigaretten bei den Schmugglern kauft, muß mit einem Bußgeld rechnen, das individuell festgelegt wird. Man darf sich aber getrost auf einen satten dreistelligen Betrag einstellen. Ein solches Strafmaß erwartet übrigens auch Wiederholungstäter.

Wer mehr als fünf Stangen geschmuggelte Zigaretten kauft, hat ein Steuerstrafverfahren am Hals – und wird wegen dieses Deliktes einen Eintrag in sein Vorstrafenregister bekommen.


Carolus Magnus

Freidenker, Rebell und Nonkonformist schreibt provokativ, konzis, unkonventionell und unmißverständlich über/gegen das grassierende, genußfeindliche, puritanische Weltbild in unserer Gesellschaft. Stilmittel: Satire, Provokation, Humor, Karikatur und knallharte Facts. Ein MultiMediaMagazin für Jeden.

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13 thoughts on “Die weißen Ritter aus Kaliningrad

  1. Na ja, was soll man denn erwarten, von Staaten die von kriminellen Exbankern Listen mit den Bankdaten von vermeintlichen Steuerhinterziehern abkaufen ? Vielleicht werden demnächst alle Drogen von Hanf bis Heroin legalisiert und mit einer saftigen Steuer versehen (das würde die Staatskasse füllen und die Konkurrenz beleben). Die kann man dann ausser in öffentlichen Räumen und Restaurants auch überall konsumieren.

  2. Das zwölfte Gebot: Sei Aufgeschlossen!

    «(…) Allein in Deutschland sterben jährlich 68 000 Menschen im Spital an falscher oder tödlich giftiger Medikamentation! Eine Untersuchung brachte an den Tag, dass, zumindest gemäß Ärzten, immerhin 28 000 davon vermeidbar wären. Ich denke, alle wären vermeidbar*, doch welcher Arzt will schon sein Gesicht verlieren und Tacheles reden? )»
    * Alle sind nie vermeidbar, schon deswegen nicht, weil trotz dem primitivsten Anstand, den jeder haben sollte, seinen Job fehlerfrei zu tun, irren menschlich ist. Meiner Ansicht nach liegt es anderswo: Die weissen Götter müssen mit Fehlern anders umgehen. Und sie müssen sich der Verantwortung stellen. So, wie es z.B. Piloten auch müssen. Flugunfälle werden minutiös untersucht. Die Untersuchung dient in erster Linie dazu, aus Erkenntnissen zu lernen. Es ist wichtig zu wissen, was die Unfallursache war (Technisches Versagen, Meteoproblem, menschliches Versagen). Daraus lassen sich neue Strategien entwickeln. Das Studium von Unfallberichten gehört zur Lektüre von Piloten und von technischem Personal inkl. Flugsicherung usw.
    Strafrechtliche Aspekte werden separat behandelt. Geschädigte und vor allem Versicherungen haben ein Interesse, einen allfällig Schuldigen zu belangen und ihn gar mit einem Berufsverbot zu belegen.
    Im Gesundheitswesen hat man seit einiger Zeit begonnen, ebenfalls aus Fehlern zu lernen, Vorkommnisse zu registrieren und Folgen abzuschätzen. Aber einzelne Chirurgen z.B. stellen sich auf den Standpunkt, dass sie nicht mehr operieren wollen, wenn man sie bei möglichen Fehlern zu hart anfasst. Einige hätten lieber, dass sie alleine entscheiden, was, wann, wie zu tun ist und, dass da bitte niemand hienein redet.
    Nur weil ein Lokführer ein Verfahren riskiert, wenn er ein Signal überfährt, schreckt die Lokführer nicht davon ab, ihren Job zu tun.
    Ein Chirurg, wenn er seinen Job gut macht, müsste auch keine Angst vor Sanktionen haben. Wer im Notfall das Beste versucht, unter Zeitdruck eine Entscheidung treffen muss, kann auch mal nicht optimal entscheiden. Würde er lange zögern, müsste er auch keinen Fehler rechtfertigen, weil der Patient die Situation nicht überlebt hätte! Was wäre besser?
    Hier sind alle Beteiligten gefordert. Der Patient, der eine korrekte Behandlung erwartet darf, klagen, wenn er glaubt, dass es nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Das Spital haftet und ist entsprechend versichert. Der Operateur mit sein Team hat die Möglichkeit, sich zu verteidigen.
    Letztlich entscheidet der Richter. Dabei müsste auch der Patient mit gleich langem Spiess kämpfen können.

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