Interview mit Dr. Yahya Hassan Bajwa

Adventskalender

Eine Gemeinschaftsaktion von Bloggern und Schreibern, die sich zusammen vernetzen, initiiert von Stephan Martis finanzblog.kaywa.com. Der Inhalt muß nicht mit den Ansichten von Sackstark übereinstimmen. Er findet es jedoch eine gute Sache, auch andren mal Platz und das Wort auf seinem Blog zur Verfügung zu stellen.

Es ist nicht nur ausdrücklich erlaubt, sondern auch erwünscht, Artikel des Adventskalenders vollständig zu übernehmen!

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Unterschiede zwischen Pakistan und der Schweiz

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Gespräch zwischen Dr. Yahya Hassan Bajwa, Baden und Islamabad (YHB)
und Stephan Marti, Schmiedrued (SMS) unsystematisch, unvollständig aber einige herrliche Rosinen so richtig zum genießen.

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Zufälle gibt es nicht! Zumindest habe ich dies im 2008 zu oft gehört. Genau um 22:08 Uhr habe ich diesen Beitrag geschrieben und die Kategorie gewählt – on the Road again. Und was folgt ein, zwei Sekunden später auf DRS … «On the Road again». Und was liegt da näher, als es zu hören. Aber keine Angst, wir bleiben in den nächsten zwei Tagen noch etwas beim Ungewöhnlichen und schauen uns auch an, was die Sterne sagen und wohin sie uns führen.
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SMS: Der Zug, fährt der auch auf die Sekunde genau oder schließt zumindest die Türen und fährt dann erst 2 Minuten später ab, wie mir dies am Tag der Fahrplanumstellung vor Augen geführt wurde?

YHB: Eine koreanische Privatgesellschaft, Daewoo, fährt als einziger pünktlich und auch die Flugzeuge, sonst kennen ich nichts, das pünktlich ist. Fahrpläne gibt es eigentlich nicht ? man wartet und steigt ein. Es gibt viele Busse, auch kleine, vielleicht schon voll, aber normalerweise muß man nicht mehr als 15 Minuten warten. Daewoo färbt ab, es bessert sich. Für die große Masse spielt Zeit eigentlich
keine große Rolle. Man fährt eben einige Stunden früher los. Der Schweizer flucht über 10 Minuten Verspätung. In Pakistan hat der Zug zehn Stunden Verspätung oder kommt gar nicht und am nächsten Ort wartet sowie so keiner einen Anschluß ab. Den Bus verpaßt? Panik ist falsch am Platz, es kommt ja der nächste. Eigentlich sind Busse immer voll. Die kleinen warten zum Teil. Nicht um 10 Uhr wird gefahren, sondern wenn er voll ist. Die meisten Busse sind privat, es muß rentieren und das bringt normalerweise eine Überbelegung.

SMS: Mein altes Haus ist nicht gerade der Inbegriff einer modernen auf 21 Grad geregelten Standardliegenschaft, aber ich denke mit Pakistan verglichen fast Luxusklasse.

YHB: Man freut sich wieder in die Schweiz zu kommen. Man ist warm gekleidet und in Häusern friert man nicht. Die wenigsten haben bei uns eine Heizung und warm ist es nur an der Sonne. Sie kennen nichts anderes. Haben kalt. Das ist aber normal. Viele haben Husten und Schnupfen, aber man arrangiert sich. Wenn man denen eine Heizung gibt, werden sie krank. Drei Stück Holzkohle in einer Schaufel die einen Schlafenden wärmen. Die effektive Kälte ist etwa wie bei uns. Dafür gibt es dicke gute Decken, denn Holz wird immer teurer.

Der Standard bei uns ist echter Luxus und dafür sollten wir eigentlich dankbar sein. Daß man immer Licht hat, ist nicht selbstverständlich. Wärme sowieso nicht. Strom fehlt oft und der PC geht nicht, die Heizung läuft nicht mehr. So kann man zum Teil gar nicht arbeiten.

SMS: In Dubai gibt es 7-Sterne Hotels und in Pakistan?

YHB: Hotels gibt es überall. Zum Beispiel ein Zimmer mit nichts als drei Betten und man mietet eines für einige Stunden bis der Bus fährt.

SMS: Wir leben und genießen. Es ist warm, in den Wohnungen hängen bei uns überall Bilder, die uns erfreuen.

YHB: Die meisten Wände bleiben leer. Die Oberschicht kann sich Kunst leisten und hängt Bilder auf. Zuerst braucht es das Verständnis, daß es Kunst braucht. Kunst fängt oft mit der Religion an. Oder wenn das Überleben gesichert ist und Geld für anderes gebraucht werden kann. Zum selber malen, fehlen meist die Materialien und oft auch die Zeit, weil man in der Landwirtschaft sehr hart arbeiten muß. Hier
geht es oft ums Überleben. Gut leben heißt, am Abend genügend essen können und Wind und Wetter nicht ausgeliefert zu sein. Das ist schon Luxus.

Viel Mehl wird nach Afghanistan geschmuggelt, weil dort die Nato und andere ausländische Organisationen viel mehr bezahlen. Schmuggel ist nicht das richtige Wort, jeder weiß es und alle Kontrollstellen und die oberen Hierarchien sind geschmiert. Politik machen die Reichen und darum wird abgesahnt. Schmieren und salben hilft allenthalben. Ganze Konvois von Lastwagen können die Grenze unkontrolliert passieren und jeder weiß, welcher Politiker die Ladung liefert.

SMS: Beim Gespräch koche ich, heize mit Holz und frage, ob Yahya Linkshänder sei?

YHB: Das Messer ist immer links, da man mit der rechten Hand ißt. Wasser ist Luxus und bei uns kann es ab jedem Hahnen getrunken werden und du hast gar Wasser von einer eigenen Quelle.

SMS: irgendwann stoßen wir auf Altersunterschiede

YHB: In der Schweiz spielt das Alter eine wichtige Rolle, aber eigentlich nur wegen der AHV und der Pensionskasse. In Pakistan spielt das Alter eine nebensächliche Rolle. Man lebt einfach einmal. Ohne Geburtsurkunde kann man sie nicht in der Schweiz einbürgern!?. Aber ich hatte keine. Mußte auf dem Markt ein Blatt Papier kaufen und dann wurde auf dem Amt eine Urkunde erstellt. Vielleicht stimmt mein
Geburtstag jetzt auf eine Woche, einen Monat genau. Das Jahr müsste stimmen. Der Koran, in dem es aufgeschrieben wurde, war nicht mehr ausfindig zu machen. Geburtstage werden nicht groß gefeiert. Der Vater spricht einfach ein zusätzliches Gebet. In der Schule ein Jahr zu wiederholen, was soll’s, man lebt ja noch lange. Das Alter ist nebensächlich. Eine AHV kriegt man sowieso nicht. Nur Beamte haben eine Pension. Mein Sohn ist die Pension und daher investiere ich in den Sohn und weniger
in die Tochter. Das hat nichts mit der Religion zu tun. Das trifft auch für die Christen in Pakistan zu. Die Tochter wird in eine andere Familie ziehen. Deshalb werden Kinder geboren, bis ein Sohn da ist. Das gibt es auch in anderen Ländern. Südamerika zum Beispiel, hat also nichts mit der Religion zu tun. Deshalb ist (hat) ein Sohn mehr wert, als die Tochter. Er muß später die Eltern unterstützen. Wenn er eine gute Ausbildung und eine guten Job hat, ist dies für mich die AHV.

Die Administration ist auch eine große Kostenfrage. Für die Schule ist der Jahrgang wichtig, zumindest, daß einer aufgeschrieben ist, ob dieser nun stimmt oder nicht, ist weiter nicht tragisch.

SMS: Einiges wird ausgelassen, aber lassen wir Yahya einfach erzählen.

YHB: In Pakistan habe ich genau ein Paar Schuhe. Ich brauche aber nichts aus der Schweiz mit zu nehmen, außer Material, das ich geschenkt erhalten habe oder selber kaufe und an den Schulen einsetzen kann.


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Mit wenig zu leben wirkt befreiend.

Villen gibt es viele und meist noch größer, als in der Schweiz. Bezahlt wird meist bar, in Cash. Heute kann man auch Autos leasen, denn Banken warfen einem Geld nach. Die Bankenkrise gibt es auch dort. Immobilien-Preise sind eher stehen geblieben, aber nicht gefallen. Die Grenzöffnung zwischen Indien und Pakistan brachte extrem große Teuerung, denn es wurde sicherer, kein Krieg mehr. Heute hat man wieder Angst ….

… und wenn jemand gar in der Schweiz Angst hat, Angst den 25.12. alleine zu verbringen, dann kommt einfach mal in die Hammerschmitte vorbei … spontan wurde eben etwas in die Wege geleitet … und wie sich das gehört, es sind  verschiedene Geburtsländer, Religionen, Berufe … vertreten … aber sonst unterscheiden wir uns eigentlich nicht … außer, daß wir einen der ersten Adventskalender hatten …

Carolus Magnus

Freidenker, Rebell und Nonkonformist schreibt provokativ, konzis, unkonventionell und unmißverständlich über/gegen das grassierende, genußfeindliche, puritanische Weltbild in unserer Gesellschaft. Stilmittel: Satire, Provokation, Humor, Karikatur und knallharte Facts. Ein MultiMediaMagazin für Jeden.

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