Der moderne Anti – Teil 1

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Der moderne Anti-Raucher-Fundamentalismus

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Schon früher gab es faule Ausreden

Raucher am Ende des 20. Jh. leben teuer, isoliert und gefährdet. Nun sind Rauchverbote, wie die Geschichte des Rauchens zeigt, nicht neu. Unter den rationalen Argumenten gegen das Rauchen ist die Feuergefahr das älteste. Türkische Sultane wie deutsche Regionalfürsten begründeten vom 16. bis ins 19. Jh. Rauchverbote mit der Brandgefahr, die von Rauchern ausgehe.

Ideologische Keule

Das Argument scheint überzeugend. Die meisten Gebäude, Brücken und Stege waren aus Holz gebaut. Eine Pfeife, unachtsam ausgeklopft, bevor die Glut erloschen war, eine unbemerkt der Hand eines Rauchers entglittene glimmende Zigarre konnten unter ungünstigen Umständen (brennbarer Untergrund und Trockenheit und Wind und Abwesenheit reaktionsfähiger Menschen) ein Feuer entstehen lassen. Bedenkt man freilich, daß damals jede Beleuchtung, jede Heizung, jedes Kochen mittels offener Feuer geschah, die Menschen also von Flammen umgeben waren, verliert das Rauchverbotsargument Feuergefahr an Überzeugungskraft. Von Rauchern wurden wohl die wenigsten Brände verursacht, häufiger waren es schon damals ökonomische Interessen, die sich – wie heute in den Mittelmeerländern – als brandgefährlich erwiesen. Die Beschuldigung der Raucher als Brandstifter war zudem einträglich und nützlich, konnte doch nicht nur durch eine Verurteilung ihr Vermögen zugunsten des Herrschers eingezogen, sondern häufig zugleich auch ein politischer Gegner verbannt werden. Vollends unglaubwürdig erscheint das Argument Feuergefahr, wenn – wie üblich – zugleich mit dem Rauchen auch das Schnupfen und Kauen von Tabak untersagt wurde. Solche Verknüpfungen entlarven den Sicherheitsvorwand als ideologische Keule.

Vorwurf der Vergeudung

Ebenfalls aus der Frühzeit des Rauchens stammt der Vorwurf der Vergeudung. Tatsächlich gibt es keine andere Art menschlichen Konsums, die teure Ware ähnlich spurlos verschwinden läßt. Billionen Taler, Dollar und Mark haben Raucher in Luft aufgelöst (und ein wenig Dung). Noch der feinste Kaviar aus Persien, der edelste Grappa hat einen Nährwert. Der Mensch muß essen und trinken, und ißt und trinkt er das Beste und kann es sich auch leisten, gilt dies vielleicht als bedenklich, doch längst nicht mehr als verwerflich. Gut zu speisen schien auch dem sparsamsten Bürger erstrebenswert. Im frühen Kapitalismus freilich, der nichts nötiger brauchte als Kapital, galt das Auflösen von Geld in Rauch als Sünde wider die Ökonomie, erst recht, wenn der Gegenwert des Rauches ins Ausland floß.

Seltsame Gesundheitsargumente

Seltener wurden Rauchverbote mit Gesundheitsargumenten begründet. Dann aber ganz abgesehen davon, daß die Einschätzung der gesundheitlichen Risiken während der vergangenen Jahrhunderte häufig wechselte und das Rauchen bald für lebensgefährlich und dann wieder für gesundheitsfördernd, ja während schrecklicher Epidemien gar für überlebensnotwendig erklärt und von Ärzten verordnet wurde, relativierten zu offensichtlich gleichzeitige, von den Herrschenden und ihren publizistischen Sprachrohren recht gleichgültig hingenommene Hungersnöte sowie die vielerorts tödlichen sanitären Verhältnisse die Glaubwürdigkeit des Gesundheitsargumentes.

In jedem Fall aber mußten die Rauchverbotsgründe der Herrschenden gegenüber ihren Untertanen mit Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden. Das unterscheidet frühere Rauchverbote von den heutigen Bestrebungen, das Rauchen immer rigoroser zu verbieten. Moderne Anti-Raucher-Kampagnen werden von der Mehrheit der Bevölkerung getragen oder zumindest geteilt – häufig sogar gegen das Votum der Regierenden.

Raucher für Niederlage an Ostfront verantwortlich?

Daß Rauchen ungesund sein könnte, ahnten Raucher und Ärzte schon früher, aber erst die moderne Medizin stellte Nachweismethoden zur Verfügung. Pioniere der Anti-Raucher-Bewegung wie Friedrich Portheine, Stifter des Goethe-Wanderpokals der Bundesärztekammer für rauchfreie medizinische Fakultäten, erkannte lange vor der amerikanischen Gesundheitsbehörde die körperlichen Gefahren des Rauchens – nämlich schon 1941 beim Anblick erfrorener deutscher Soldaten an der Ostfront: „Ich sehe noch heute, wie die Toten aufeinander lagen.». Ihm wurde plötzlich klar, daß vor allem die Raucher unter den Soldaten im Krieg erfrieren, weil sie auf Grund verengter Blutgefäße an mangelnder Durchblutung leiden.

So zutreffend Portheines Erklärung sein mag, so offenbart sie doch eine für Gesundheitsargumente typische Verkürztheit. Auch wenn diese Soldaten medizinisch betrachtet vorzeitig wegen ihrer verengten Blutgefäße gestorben sein sollten, hat sie doch nicht das Rauchen, sondern der nationalsozialistische Welteroberungswahn in den Tod getrieben. Oder meint Portheine gar, Raucher seien für die deutsche Niederlage an der Ostfront verantwortlich, weil sie bei einem Verzicht auf den Tabakkonsum ausdauernder hätten kämpfen können?

Wer Rauchern gesundheitliche Gefahren vor Augen führt, kann – wie die Erfolglosigkeit solcher Kampagnen beweist – sie kaum überzeugen, denn die Argumente sind seltsam vordergründig. So schätzt die Weltgesundheitsorganisation, daß weltweit 1,1 Milliarden Menschen rauchen. Fast ein Viertel von ihnen, prophezeit die WHO, werde durch Rauchen sterben, zur Zeit jährlich 3 Millionen, 2015 sollen es 30 Millionen sein. Diese Zahlen wären beeindruckend, wenn Nichtraucher nicht stürben, wenn es nicht unzählige andere Todesursachen – allein die Malaria fordert jährlich 1 Million Todesopfer – gäbe. (Stand 2000)

Wer aus Angst vor einer tödlichen Erkrankung nicht raucht, muß von seiner Bedeutung schon so sehr überzeugt sein, wie es General de Gaulle zweifellos war. Zu seinen wichtigsten Mitkämpfern gegen die Nationalsozialisten zählte General Leclerc (Philippe de Hautecloque). Nachdem dieser 1940 zweimal aus deutscher Gefangenschaft hatte fliehen können, meldete er sich bei de Gaulle in London, um sich an der Befreiung Frankreichs zu beteiligen. Er kämpfte so mutig in Afrika und Frankreich, daß ihm die Amerikaner den Vortritt bei der Befreiung von Paris gewährten. Nach dem Weltkrieg war Leclerc in Indochina stationiert, bis er schließlich Generalinspektor der französischen Streitkräfte in Nordafrika wurde, wo er am 28.11.1947 bei einem Flugzeugabsturz starb. Als de Gaulle vom Tod des Generals erfuhr, hörte er sofort und für immer auf zu rauchen, denn er glaubte, daß es nun keinen anderen Menschen mehr gab außer ihn selbst, der Frankreich „retten» könnte.

Doch auch für de Gaulle sollte schließlich gelten: Wer nicht durch das Rauchen stirbt, stirbt an anderen Leiden, Verletzungen, stirbt vielleicht langsamer, was häufig sehr viel elendiger ist, aber stirbt. Darüber hinaus ist die auf jeder Zigarettenpackung behauptete Kausalität („Rauchen verursacht Krebs» u. ä.) schlicht Unsinn. Es gibt keine Krankheit, die nur Raucher befällt, wie es umgekehrt keine Krankheit gibt, gegen die Nichtraucher immun wären. Rauchen kann Krebs und vieles andere auslösen wie ein kaltes Bad einen Schnupfen, Autofahren einen Unfall oder Hähnchenessen eine Erstickung zur Folge haben kann, ohne daß jemand auf die Idee käme, hier Kausalitäten herzustellen.

Eine bezeichnende Ausnahme gab es: Im 19. Jh. war es wissenschaftlich erwiesen, daß Masturbation zum Tode führt. Krankheit, Debilität und Siechtum als Folge war noch öffentlicher medizinischer Konsens bis Mitte der 1960er Jahre.

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Der moderne Anti – Teil 2

Carolus Magnus

Freidenker, Rebell und Nonkonformist schreibt provokativ, konzis, unkonventionell und unmißverständlich über/gegen das grassierende, genußfeindliche, puritanische Weltbild in unserer Gesellschaft. Stilmittel: Satire, Provokation, Humor, Karikatur und knallharte Facts. Ein MultiMediaMagazin für Jeden.

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10 thoughts on “Der moderne Anti – Teil 1

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  3. Ich finde es schade, dass man soviel Energie für Raucher einsetzt. Von mir aus sollen sie soviel rauchen wie sie wollen. Sie sollen mich einfach damit nicht belästigen. Ich hasse es, nach dem Besuch eines Lokals wo geraucht wurde, den Gestank mit meinen Kleidern in meine Wohnung zu ziehen. Ausserdem ekelt mich der Rauch an. Verstärkt wird dies dadurch, dass Raucher oft stinken wie kalte Aschenbecher. Ausserdem mag ich den parfümierten Duft nicht leiden.
    Ich erinnere mich an einen Zahnarzt, der mit seinen gelben Fingern in meinem Mund herum fummelte und beim Ausatmen mir jeweils eine Nikotinwolke ins Gesicht stiess…
    Ich habe ein gewisses Verständnis für die Zunft des blauen Dunstes, gehörte ich ihr doch auch einmal an und ich tat selber Dinge, die mich heute stören. Meine Gesundheit ist mir lieber und wenn ich heute z.T. gar allergisch reagiere, so will ich nur den Respekt dafür. Nicht mehr und nicht weniger.

  4. Ich finde es schade, daß man soviel Energie für Raucher einsetzt

    Dann lies nochmals den ersten Satz. ICH finde es schade, daß Millionen Franken in der Schweiz und 10 Mrd. $ nur bei der WHO für Lügen und Propaganda an Raucher und Nichtraucher eingesetzt werden, obwohl diese das gar nicht wollen. Hier vergisst man die selbsterfüllende Prophezeihung! Ich hasse nichts mehr, als für dämlich verkauft zu werden.

    Ich und sicherlich auch viele andere respektieren deine Geruchs- und Geschmackspräferenzen. Das hat aber mit dem Rauchverbot und den dahinter liegenden Intentionen absolut nichts zu tun! Nicht nur Raucher, nein wir alle werden hinters Licht geführt und verarscht, um es mal salopp auszudrücken. Das sollte auch dir klar sein.

    Hast du dir schon mal überlegt, was die Umsetzung dieses Rauchverbots kosten wird, obwohl absolut keine medizinische Gefährdung für Passivrauchexponierte besteht, man aber dennoch auf dieser Schiene argumentiert? Es ist nichts als ein reiner Religions- oder Glaubenskrieg mit dem stets damit einhergehenden Fanatismus, den Religionen nun eben so an sich haben. Trotzdem bleibt Glauben Nichtwissen.

  5. Irgendwo macht Herbie einen Denkfehler:
    Wenn dir der «Gestank» in Beizen nicht passt kann du auch in ein Nichtraucherrestaurant ausweichen. Sowas gibts ja immer mehr.
    Wenn dir dein Zahnarzt nicht passt weil er raucht, oder aus anderen Gründen: im Telefonbuch stehen Tausende von Zahnärzten.

    In der heutigen Zeit ist es Mode geworden, alles was einem persönlich nicht passt, für alle zu verbieten.
    Eine Liste der Vorbote aus diesem Jahr würde sehr lange.

  6. Unter Thesen und Antithesen verstehe ich was anderes. Die Rauchverbote richten sich einzig und allein gegen Raucher und den Tabak.

    … und es wird auch nicht verboten

    Meine Fresse, bist du naiv!

    Siehe kommenden Artikel vom 19. Juni 2008

  7. Lieber kikri
    Wenn ich alleine auf mich gestellt bin, finde ich die richtigen Lokale ohne fremde Hilfe. Da ich kein Einzelgänger bin, kann ich dem Rauch nicht immer ohne weiteres ausweichen. Und Telefonbücher bis hin zu den elektronischen kenne ich, danke für den Tip.
    Irgend wann ist man ja das erste Mal beim Zahnarzt. Wenn er gelbe Finger hat und stinkt wie ein kalter Aschenbecher, dann bin ich zweimal bei ihm gewesen: das erste und das letzte Mal!
    Ich erwarte keine Verbote, sondern Vernunft!
    Begebe ich mich zu einem Raucher, dann ist es mein Problem. In seinem Haus, welches sein Schloss ist, kann er tun und lassen, was er will. Meine rauchenden Freunde geben sich Mühe, was ich sehr zu schätzen weiss und ich übe mich in Toleranz.
    odh

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