Tabak-Spione in der WHO?

Die seltsamen Methoden des Dr. Zeltner

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Interview mit WHO-Manager Thomas Zeltner über die Unterwanderung der Weltgesundheitsorganisation durch Spione der Zigarettenindustrie

Zeltner, 53, ist Direktor des Schweizer Bundesamts für Gesundheit, Mitglied im Exekutivrat der WHO und Hauptautor der Untersuchung «Strategien der Tabakkonzerne zur Unterminierung der Tabakkontroll- Aktivitäten der Weltgesundheitsorganisation».

Quelle: Aus: Der Spiegel – 32/2000, 7. August 2000, Seite 202 (Wissenschaft):

SPIEGEL: Nach dem letzte Woche erschienenen Bericht, den Sie im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation erstellten, haben Tabakkonzerne die WHO zu ihrem «ärgsten Feind» erklärt. Wie sah der Kampf der Konzerne gegen die WHO aus? […] Sie schreiben, es sei versucht worden, die Ergebnisse zu manipulieren und die Publikation zu hintertreiben.

Zeltner: Wenn die Ergebnisse trotzdem veröffentlicht wurden, wurde eine raffinierte Medienstrategie eingesetzt mit dem Ziel, Experten und Laien zu verunsichern.

SPIEGEL: Wie geschah das?

Zeltner: Vor allem durch Einfluss auf die Fachpresse. Dort wurden Leserbriefe und Stellungnahmen abgedruckt, in denen die Stichhaltigkeit der wissenschaftlichen Untersuchungen in Frage gestellt wurde. Sie stammten oft von Wissenschaftlern, deren Verbindung zur Tabakindustrie nicht bekannt war.

CM: Wissenschaftliche Fakten gegen Leserbriefe? Wie unzulänglich und ohne Aussagekraft müssen denn da die wissenschaftlichen Fakten gewesen sein?

CM: An unzähligen Beispielen läßt sich aufzeigen, daß das Eidgenössische Bundesamt für Gesundheit (BAG) mit Direktor Zeltner an der Spitze erfolgreich genau jene Taktik verfolgt, die früher der Tabakindustrie vorgeworfen wurde. Die Publikationen des BAG sind irreführend, voreingenommen und in vielen Teilen schlicht gelogen. Doch niemand schreitet ein!

SPIEGEL: Wo verliefen die Fronten zwischen der WHO und der Industrie?

Zeltner: Das Hauptinteresse der Konzerne lag darin, das Tabakkontrollprogramm der WHO möglichst klein zu halten. Zwischen 1990 und 1995 hatte die WHO für dieses Programm nur ein Mini-Budget zur Verfügung, auch die Zahl der dafür abgestellten Mitarbeiter war klein. Schon komisch, daß die Industrie zu eben dieser Zeit die Parole ausgab: Die WHO ist für uns ein ganz gefährlicher Feind.

CM: Hat Zeltner selbst Spione bei der Tabakindustrie? Wie sonst sollte er solches denn wissen? Ohne Quellenangabe gehe ich mal davon aus, dass dies Märchen mit gutem Unterhaltungswert sind. Die Tabakindustrie liegt seit 1998 vollends am Boden, stottert noch immer Milliardenzahlungen ab und Zeltners Versuch, eigene Unzulänglichkeiten oder Ungereimtheiten aus seinem Munde auf «’Tabakspione» zu schieben ist mehr als billig, wenn nicht gar lachhaft.

CM: Zudem ist es wohl kaum die Tabakindustrie, die das Budget der WHO festgelegt hat. Inzwischen wurde das Budget der WHO, auch mit Hilfe der Pharmaindustrie, gewaltig aufgestockt: 2000-2008, über US$ 100 Mio, US$ 12 Mio pro Jahr. Diese Gelder dienen einzig zur gezielten Desinformation und Schützenhilfe der Regierungen, die Passivrauchlüge aufrecht zu erhalten, damit Raucher weiter ausgegrenzt werden können.

SPIEGEL: Wie erfolgreich war die Tabakindustrie bei ihren Manipulationen?

Zeltner: Sie hat immer wieder versucht, jeden Aufbau eines größeren Programms zu unterminieren. Wenn man der Tabakindustrie und ihren Dokumenten folgt, dann scheint sie überzeugt gewesen zu sein, daß viele ihrer Bemühungen das Ziel erreichten. Es gab relativ viel Schulterklopfen, so etwa für die Briefeschreiber, nach dem Motto: «Bravo, habt ihr gut gemacht!»

CM: Da lachen ja die Hühner! Und mittels Leserbriefen ließ sich die WHO tatsächlich manipulieren? Herr Zeltner, Sie beleidigen meinen Intellekt!

SPIEGEL: Gibt es Entscheidungen der WHO, die revidiert werden müssen?

Zeltner: Ich denke schon. Es gibt alte Entscheidungen, die man überprüfen sollte. Typisches Beispiel ist der so genannte Pestizid-Entscheid, bei dem es um den Einsatz eines Tabakpflanzenschutzmittels mit nachweislich Krebs erregenden Inhaltsstoffen geht. Dies in den USA begrenzt zugelassene Pestizid darf auf Grund einer WHO-Entscheidung – die wahrscheinlich ein WHO-Wissenschaftler mitprägte, der zugleich für die Tabakindustrie tätig war – im Rest der Welt verwendet werden. Nicht auszuschließen ist, dass es noch eine Reihe ähnlicher Fälle gibt.

CM: Schon wieder? Generalverdacht ohne Beweise? Ein einziger Wissenschaftler hat die Entscheidung der WHO dermaßen beeinflußt? Da scheinen wohl schlicht die Fakten gefehlt zu haben oder zumindest unzureichend gewesen zu sein, um den Entscheid zu begründen.

SPIEGEL: Wie viele Maulwürfe wurden entdeckt?

Zeltner: Etwa ein halbes Dutzend Leute in der WHO, die willentlich und bewußt mit der Tabakindustrie zusammengearbeitet haben. Über personelle Konsequenzen wird die Generaldirektorin entscheiden.

CM: Sechs Personen haben die WHO unterwandert? Es lagen offenbar unzureichende wissenschaftliche Fakten vor, um diese «Maulwürfe» zu überstimmen. Bei der WHO scheint jeder, der anderer Meinung ist als gewünscht, bereits ein Maulwurf zu sein. Wenn das nicht an die ehemalige UdSSR erinnert!

Zeltner: Jedes Industrieunternehmen verfolgt bestimmte Lobbystrategien, das ist völlig legitim. Da verhält sich die Tabakindustrie genauso wie die Auto-, Chemie- oder Spielzeugindustrie. Mithin wäre es außerordentlich erstaunlich, wenn deutsche Tabakproduzenten keine vergleichbaren Strategien verfolgen würden.

CM: Genau so wie die WHO! Zeltner «vergißt» die Pharmamafia zu erwähnen, die nebst der WHO ein Hauptinteresse an einem Rauchverbot hat. Und er vergißt zu erwähnen, daß er einen Schokoladenjob bei der WHO möchte.

CM: Die WHO erhält einen Großteil ihres Gesamtbudgets aus staatlichen UN-Beiträgen und sie muß über die Verwendung keine Rechenschaft ablegen. Die WHO hat aber ein starkes Interesse, den Staaten ideologisch unter die Arme zu greifen, um die Geldquellen nicht versiegen zu lassen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Rahmenabkommen für die Tabakkontrolle FCTC, das Unterzeichner zu Beitragszahlungen verpflichtet. Auch die Schweiz.

Carulus Magnus

Carolus Magnus

Freidenker, Rebell und Nonkonformist schreibt provokativ, konzis, unkonventionell und unmißverständlich über/gegen das grassierende, genußfeindliche, puritanische Weltbild in unserer Gesellschaft. Stilmittel: Satire, Provokation, Humor, Karikatur und knallharte Facts. Ein MultiMediaMagazin für Jeden.

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