Türkei: Raucher sind Terroristen

Stunde der Denunzianten

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Zu verkaufen oder zu verschrotten?

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Zuvor hatte der militante Antiraucher und Premier Tayyip Erdogan seinem Volk verkündet, der Kampf gegen das Rauchen sei «so wichtig wie der Kampf gegen Terrorismus», eine Mahnung, die ihren Widerhall fand beim Kolumnisten Mümtaz’er Türköne, der ohne Ironie befand, es gebe schlicht «keinen Unterschied zwischen denen, die die Freiheit zu rauchen verteidigen, und denen, die die Terrororganisation Ergenekon unterstützen»: Beide trachteten unschuldigen Leuten nach dem Leben.

Wie zu Francos Zeiten

Im Sportclub-Café von Yeniköy werden wir Zeugen eines Streits: «Ich kenne meine Rechte», ruft ein erregter Kunde: «Natürlich darf ich hier draußen rauchen.» Dann stürmt er davon. «Aber er stand doch unter einem Sonnenschirm», sagt Kellner Nedim. «Ist es nicht unter Sonnenschirmen auch verboten? Wir können einfach kein Risiko eingehen. Sie verstehen, die Spitzel …»

Passionierte Raucher erkennt man dieser Tage an dem ängstlichen Blick über die Schulter, während sie im Café Platz nehmen, dann folgt die leise Frage: «Darf ich hier…?» Über 3000 Inspektoren sind unterwegs, um Verstöße zu ahnden. Die Geldstrafen sind hoch: Umgerechnet 30 Euro für den Kunden, bis zu 2600 Euro für das Café. Es heißt, die Inspektoren dürften einen Teil der Geldstrafe für sich behalten. «Die sind scharf», sagt Nedim. Nervös ist auch der 32-jährige Gast Kasim, ein Lagerarbeiter. «Ich glaube, ich werde jetzt weniger rauchen.»

Anonyme Denunziation via Handy

Es ist die Stunde der Denunzianten. Unter der Nummer 155 kann man mit einem Anruf jedes Café anzeigen, die Beamten sind sofort da. «Es gibt auch eine Nummer, an die man per SMS die mit dem Handy geschossenen Beweisfotos schicken kann», sagt Kellner Nedim.

Die alten Kaffee- und Teehäuser, wo seit Urzeiten das kulturelle Trio Mann – Tee – Zigarette zusammenfindet, leiden am meisten. Viele der Männerkneipen sind leer. «Kaffeehausbesitzer in Rauch aufgelöst», titelte die Zeitung Milliyet. (zum vollständigen Artikel)

Carolus Magnus

Sackstark! befaßt sich bewußt provokativ mit Allgemeinwissen, Politik und Gesellschaft, und erstaunlich vielen andren Themata. Dabei scheuen wir weder konstruktive Kritik in allen Facetten und Ausdrucksformen, noch verzichten wir auf die Inanspruchnahme sämtlicher künstlerischen Freiheiten. Sackstark! setzt sich mit aktuellen Tendenzen in kritischer Betrachtung auseinander, verurteilt den zunehmenden Überwachungs-, Bevormundungs-, Verbots- und Abzocke-Staat an der Grenze zum Feudalismus, im Bemühen, damit kreative Denkanstöße zur intellektuellen Weiterbearbeitung und kontemplativer Reflektion unserer Leser bereitzustellen. Zögern Sie nicht, von der Kommentarmöglichkeit Gebrauch zu machen, sollten Sie das Bedürfnis dazu verspüren. Warnung an Genuss-Averse: Wir rauchen gerne Tabak und trinken statt Baldrian vor dem Schlafen gehen bevorzugt einen Whisky.

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2 thoughts on “Türkei: Raucher sind Terroristen

  1. Also lieber carolusmagnus,

    erstmal vielen Dank für Deinen blog.

    Sag mal spinnen jetzt alle…jetzt hab ich noch einen Grund mehr nicht in die Türkei zu fahren.

    Ich würde mir echt wünschen,dass Dein blog die Leute aufrüttelt.Was zur Zeit passiert an Verboten und blödsinnigen Regelungen hätte sich zur guten alten Hippie und APO Zeit niemand bietenlassen.

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