Das Leben der Pseudowissenschaftler I

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Junk Science – leicht gemacht

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Das Leben von Pseudo-Wissenschaftlern ist einfach: Mixen, hochrechnen, klauen – und daran glauben.

Wie gut haben es doch die Eichhörnchen, sinnierte der Satiriker Carl-Julius Weber vor 180 Jahren. Forscher hätten nicht den Instinkt jener possierlichen Tierchen, die «eine hohle Nuss sogleich erkennen und wegwerfen, die wir erst mühsam aufknacken, ehe wir so klug werden wie sie». Das verehrte Publikum wird sich noch weniger als Forscher um die hohlen Nüsse der Wissenschaft kümmern können und wollen. Und genau davon leben jene, die Junk Science produzieren. Junk Science ist Desinformation, Manipulation, Unfug, tatsächlich übler Müll und besonders gefährlich, weil seine Produzenten und deren Helfer ihren wahren Charakter verschleiern. In diesem Artikel werden einige Merkmale von Junk Science und Junk-Science-Journalisten beschrieben.

Junk Science hat nur einen Bezug zur Wissenschaft: Sie reklamiert für sich, «Wissenschaft» zu sein. Formalien werden eingehalten, soweit es für die Tarnung sinnvoll erscheint. Auch Junk-Science-Studien enthalten Quellenverzeichnisse; in der Regel vertrauen die Produzenten aber darauf, dass die Qualität der Nachweise von den meisten Lesern nicht geprüft wird. Hier aber eröffnen sich bereits Chancen, solide wissenschaftliche Arbeiten von Junk Science zu unterscheiden. Nachweise in Junk-Science-Produkten sind häufig schlampig erstellt mixen Quellen unterschiedlicher Qualität (echte Nachweise, «persönliche Informationen», banale Zeitungsartikel etc.). Findet man solches, kann man sich eigentlich sparen, die genannten Quellen im Detail auf die korrekte Verwendung zu prüfen; die Absicht, zu täuschen, wird bereits hier offensichtlich.

Junk-Science-Ergebnisse werden nicht nachvollziehbar hergeleitet, sondern fabriziert. Es wird generalisiert, hochgerechnet, gemutmaßt, geschlossen, gefolgert, gefordert. Junk Science-Produzenten und ihren journalistischen Helfern ist es schnurz, ob zitierte Werte signifikant waren oder nicht oder ob genannte Werte überhaupt von Bedeutung hätten sein können. In Studien zum «Passivrauchen», einem Feld, das zu einem erheblichen Teil von Junk Sciencern beackert wird, wurden Ergebnisse aus unvergleichbaren Populationen zusammengeworfen; das Spektrum der Datenlieferanten reichte von «Kindern, niedrigste soziale Klasse» über Hamster, Hunde, Kaninchen, Mäuse, Ratten undefinierten «Menschen» (ohne Geschlechtsangabe), «Patienten», «Passivraucher» bis hin zu Pensionären der Oberschicht in Südkalifornien. Die Erbärmlichkeit von «Resultaten», die aus solchen Vermischungen konstruiert werden, sowie die Dreistigkeit, diese als «wissenschaftlich» zu bezeichnen, ficht ihre Produzenten nicht an. Sie erfüllen einen Auftrag. Der Zweck heiligt die Mittel, basta.

Fortsetzung 2/4 folgt morgen!


Hans-Joachim Maes ist Fachjournalist zu Wissenschaftskriminalität und Inhaber der W+D Wissenschaft & Dokumentation GmbH in Berlin. Kontakt: Tel. 030 / 8522486, wissdok@compuserve.com. In »Novo«58/59 ist von ihm zuletzt erschienen «FDA beendet faule Tricks» über Verbraucherschutz in der US-Pharmabranche.

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