In 60 Tagen Wahlen in Hessen – noch Fragen?

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Roland Koch

In 60 Tagen wird in Hessen gewählt – ich habe Probleme, ihr politisches Verhalten zu verstehen und möchte, außer einer floskelarmen Aussage zum nachfolgend Gesagten auch gern wissen, wieso ich Ihre Partei noch einmal wählen sollte.

Sie gehören zu der Partei, die das als “Nichtraucherschutzgesetz” verabschiedete hessische Rauchverbot mit verantwortet hat, an der Seite von Sozialministerin Lautenschläger, obwohl Sie wissen müßten, daß die zugrunde gelegte “Studie” des DKFZ nicht mal annähernd in der Lage war, die Schädlichkeit des “Passivrauchens” auch nur andeutungsweise zu bestätigen (trotz der verblüffenden Vermutung, daß “über 80-Jährige überraschend an Passivrauch gestorben” sind – wie ernst darf man da eine “Studie” in Zukunft noch nehmen?). – Andere Studien (z.B. veröffentlicht im sicher nicht raucherfreundlichen “Journal of the National Cancer Institute”, Vol. 90, No. 19, October 7, 1998 – Articles 1440-1450 – oder im British Medical Journal 2003) verneinen ausdrücklich einen kausalen Zusammenhang zwischen “Passivrauchen” und Krebs (eine der größten Studien zu den Auswirkungen des Passivrauchens auf die Gesundheit wurde im British Medical Journal 2003 veröffentlicht.).

Hier wurde im Sinne der Gesetzgebung anscheinend, simpel ausgedrückt, die Wahrheit passend zum gewünschten Ergebnis zurechtgebogen. Im Interesse eines echten Nichtraucher(-”schutzes”) könnte ich dieser “Beugung” gerade noch äußerst zögerlich zustimmen, würde hier nicht zusätzlich und unberechtigterweise in zahlreiche persönliche Bereiche eingegriffen und damit ein Miteinander und einvernehmliches soziales Verhalten vollends in Grund und Boden gerammt.

Ich zitiere teilweise:

Die Charakterisierung Peter Strucks als “suchtkranker Pfeifenkopf der Nation” (Textauszug aus “Pro Rauchfrei”!) verweist auf die verbreitete Strategie der Pathologisierung: Die Meinung von Rauchern sei nicht autonom, sondern Ausdruck einer durch Abhängigkeit verminderten Zurechnungsfähigkeit. „Mit Suchtkranken zu diskutieren lohnt sich eigentlich nicht – die haben eine verzerrte Wunschwahrnehmung – also verschwendet keine Zeit.“ Ähnlich umfassend ist auch eine weitere Strategie: moralische Diskreditierung und Kriminalisierung. Wer in der Öffentlichkeit raucht, begeht alle möglichen Verbrechen von der Körperverletzung bis zum Mord; zum „Tabakholocaust“ ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. Toleranzargumente für das Rauchen haben es da schwer, überhaupt gelesen oder darüber wertfrei nachgedacht zu werden.

Für diese Strategien gilt: Anti-Raucher entwerten sämtliche Argumente der Gegenseite von vorneherein, weil der sie Vortragende von ihnen als krank, von der «Tabakmafia» gekauft oder als süchtig disqualifiziert wird – Kurz: aus verschiedenen Gründen nicht ernst genommen werden dürfe. Hier fehlen offenkundig die elementaren Voraussetzungen für einen durch argumentativen Austausch vermittelten Interessenausgleich. Dieser würde voraussetzen, daß die beteiligten Parteien ihre gegenseitige persönliche Integrität achten und einander als prinzipiell gleichwertige Diskussionspartner respektieren. In der Entwertung des anderen als Person ist dagegen bereits der Regelungsmechanismus des Verbotes angelegt.

Das Ziel des Nichtraucherschutzes würden auch die allermeisten Raucher unterschreiben, wenn man sie nur fragte. Aber eben nicht auf dem Wege von Regelungen, die die Maximalforderung “Rauchfrei!” über alles stellen, selbst an Orten, die ein Nichtraucher ohne Einbußen meiden kann. Dazu ist die Diskussion aber schon zu sehr im Prinzipiellen angelangt. Es verwundert daher kaum, wenn nicht nur über den Kopf der Raucher hinweg entschieden wird, sondern auch für die Raucher gleich mit. Der Schutz Dritter, noch immer basierend auf zurechtgebogenen «Studien» wird zunehmend als Hebel benutzt, um direkt auf die Präferenzen der Raucher zu zielen. Wie sagt doch das DKFZ? «Eine rauchfreie Umgebung ist der beste Weg, die Zahl der Raucher zu vermindern.“» Wieso wird der Genuß von Tabak nicht gleich über das Betäubungsmittelgesetz verboten, anstatt mittels wahrheitsverhöhnenden Pseudostudien eine Lawine an Regelungen und Verboten loszutreten und den Bußenkatalog künstlich aufzublähen?

Das Verschwinden der so diskreditierten Raucher aus dem allgemeinen Diskurs führt derzeit zum Verschwinden der Raucher aus der Öffentlichkeit, das Verschwinden der Raucher insgesamt bleibt somit das Endziel. Sicher – Rauchen ist “unvernünftig”, weil ungesund, wie so vieles andere auch. Rauchen alleine auf „Gift“ und „Sucht“ zu reduzieren, funktioniert aber nur unter Vernachlässigung der Sicht der Raucher selbst und taugt daher nicht zu einer allgemeinverbindlichen Beurteilung. Interessen zu ignorieren, bloß weil sie aus der Perspektive eines bestimmten Lebensstils nichts wert sind, verträgt sich schlecht mit einer pluralen Gesellschaft, die auf der Toleranz unterschiedlichster Lebensentwürfe basiert und deren Vielzahl an Minderheiten erst einen richtigen Staat ausmachen. Auf diese Weise entsteht durch die Diskussion selbst, genauer: durch die Art, wie sie geführt wird, ein Interesse von allgemeiner Bedeutung, das sich mit dem Wert des Gesundheitsschutzes jederzeit messen kann: der Anspruch, als Person respektiert und vor Bevormundung geschützt zu werden, das Recht auf Genuß – und auf private Unvernunft.

Von Nietzsche stammt der Schlüsselbegriff des „asketischen Priesters“, der als Archetypus eines zutiefst misanthropischen, lustfeindlichen, paranoiden und missionarisch veranlagten Menschen den moralisch-psychologischen Kern der Bewegung erklärt: „Dieser Hass gegen das Menschliche, mehr noch gegen das Thierische, mehr noch gegen das Stoffliche, dieser Abscheu vor den Sinnen, vor der Vernunft selbst, diese Furcht vor dem Glück und der Schönheit, dieses Verlangen hinweg aus allem Schein, Wechsel, Werden, Tod, Wunsch, Verlangen selbst – das alles bedeutet … einen Widerwillen gegen das Leben, eine Auflehnung gegen die grundsätzlichsten Voraussetzungen des Lebens.“

Ich möchte mich jetzt nicht darauf einlassen, daß die Nichtraucherkampagne in historisch “guter Tradition” steht: die weltgrößte Nichtraucherkampagne startete unter den Nazis mit fast identischen Aussagen zur heutigen und wurde überwunden: der Kopf der Nichtraucher, Adolf Hitler, beging bekanntlich Selbstmord – die Sieger Churchill, Stalin und Roosevelt waren übrigens allesamt Raucher… Nun gut, man kann natürlich auch hier einwenden, daß diese alle «überraschend» gestorben sind.

Quelle

Carolus Magnus

Freidenker, Rebell und Nonkonformist schreibt provokativ, konzis, unkonventionell und unmißverständlich über/gegen das grassierende, genußfeindliche, puritanische Weltbild in unserer Gesellschaft. Stilmittel: Satire, Provokation, Humor, Karikatur und knallharte Facts. Ein MultiMediaMagazin für Jeden.

View all posts by Carolus Magnus →

7 thoughts on “In 60 Tagen Wahlen in Hessen – noch Fragen?

  1. EDIT: Aufgrund von ehrverletzenden Verbalinjurien, inhaltslosem und nicht themenbezogenem Inhalt wird der Kommentator mit Nickname «Sackidiot» (Nomen est Omen) dieses Blogs verwiesen! Der Hinweis mit dem Zaunpfahl als Antwort auf seinen vorhergehenden Kommentar (Dalai Lama) erzielte anscheinend nicht die gewünschte Einsichtigkeit – im Gegenteil.

    Link

  2. Kampfansage gegen Diffamierungen und Diskriminierungen
    Die jahrzehntelange friedliche Koexistenz von Rauchern und Nichtrauchern löst sich in Rauch auf. Die Art und Weise der modernen Hexenjagd in einer pluralistischen Demokratie, die sich durch Akzeptanz der individuellen Eigenarten des Gegenübers auszeichnen sollte, passt in kein liberales Dogma. Die europäische Politik macht sich zum Handlanger der amerikanischen Genussverweigererlobby und deren militanten Gesundheitsfanatiker. Dagegen gilt es sich aufzulehnen.

    Die oft zitierte Heidelberger Studie, mit den dort präsentierten 3.300 „Passivrauch-Toten“, entbehrt jeglicher wissenschaftlicher Grundlage und wird von namhaften, seriösen Professoren als haltlos bezeichnet. Eine Gegenstudie belegt, dass zwei Drittel der durch „Passivrauch getöteten“ Menschen bereits über 85 Jahre alt waren.

    Das Nichtraucherschutzgesetz in seiner kompromisslosen Härte macht Raucher zu Menschen zweiter Klasse. Das Gesetz ist zudem ein einschneidender Eingriff in die unternehmerischen Freiheiten und bringt speziell den Wirten von Einraumkneipen Umsatzeinbrüche von ungeahntem Ausmaß. Die Kneipe als sozialer Treffpunkt und Kommunikationszentrum steht vor dem Aus. Etliche Insolvenzen sind absehbar. Wer mehr vor der Türe stehen muss, als in der Kneipe selbst, bleibt gleich zu Hause. Die militanten Nichtraucher freut es, doch betreten wollen sie die nun rauchfreien Gaststätten dennoch nicht. Es stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit dieser staatlichen Bevormundung und Raucherhatz.

  3. Die europäische Politik macht sich zum Handlanger der amerikanischen Genussverweigererlobby und deren militanten Gesundheitsfanatiker. Dagegen gilt es sich aufzulehnen.

    Richtig, nur religiöse Fanatiker und pseudowissenschaftlich Irregeleitete wollen freiwillig eine sexuell verklemmte, puritanische Gesellschaft wie die der Amerikaner, dessen Stern, analog dem Römischen Reich, eh bereits im Sinken begriffen ist.

    Das Rauchverbot läutet nur diesen von langer Hand vorbereiteten Trend zu einem kollektiven Neudenkstaat ein. Die DDR ist nicht zur BRD gestossen, sondern anscheinend umgekehrt. Ulbricht’s und Honegger’s Erbe dürfte also weiterbestehen und ich möchte nicht wissen, wieviele Stasileute heute an politischen Schalthebeln der Macht sitzen.

Schreiben Sie einen Kommentar zu Carolus Magnus Antworten abbrechen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .