Raucher-Verfolgung

Früher hieß es bei Hunden «Wir müssen leider draußen bleiben». Heute meint man damit Raucher.

 

Eine Raucher, der ein polemisches Bild seines zukünftigen Lebens in einem Nichtraucher-Deutschland zeichnete, sorgte für eine intensive Leser-Diskussion. Dabei reichte das Spektrum von «Schwachsinn» bis zu «Die Verfolgung ist in vollem Gange». Aber lesen Sie selbst.

 

stern.de-Autor Reinhard Siemes griff in seiner Anti-Nichtraucher-Polemik, in die Vollen: «Noch werden Raucher in Deutschland als normale Menschen akzeptiert. Doch das hat bald ein Ende: Wer gegen Verbote verstößt, wird gesteinigt, Straßen werden nach Raucher und Nichtraucher getrennt, beerdigt werden die Qualmer auf Raucherfriedhöfen», schrieb der erboste Raucher. Er phantasierte von Hausmeistern, die zum Nichtraucherschutz-Blockwart ernannt werden, von Rauchsensoren, die prüfen können, ob in Häusern gegen die Vorschriften geraucht wird. Von speziellen Reinigungen, in die Raucher ihre kontaminierte Kleidung tragen müssen und von den deren letzten Reservaten: in so genannten «Smoking-Tours» werden die letzten Unverbesserlichen zu den Hallen verlassener Chemiewerke, in die Schächte stillgelegter Bergwerke mit Uranabfällen und zu ehemaligen Truppenübungsplätzen gekarrt. Dort – so der Autor – dürfen sie dann endlich rauchen.

 

Wenig Verständnis

 

So viel Humor war nicht jedem Leser zugänglich: User Isgorian meinte nur «Jammern auf niedrigstem Niveau! Die Raucher sind das Problem und nicht das berechtigte Interesse der Nichtraucher, nicht mit diesem Dreck in Berührung zu kommen.» Und kichaela verkürzte die Debatte auf ein prägnantes «Lieber Raucherhölle als Räucherhöhle!!!». Ihr Argument: «Mit dem Rauchen aufzuhören ist ungefähr so schwer wie mit einer Klasse-A-Droge aufzuhören – trotzdem dürfen Junkies auch nicht überall spritzen, oder?» Es ging aber auch deutliche emotionsloser, zum Beispiel bei Nboehme: «Gähhhhn. Ein weiter weinerlicher Raucher der sich seine Bürgerrechte beschnitten fühlt…»

 

Auch eine klitzekleine Portion Genugtuung über die kommenden Restriktionen für Raucher wurden von den Lesern nicht verleugnet. S-Kroll findet, dass Raucher ihre Freiheiten immer als selbstverstaendlich und gottgegeben verstanden hätten. Nur selten hätte sich ein Raucher dafür interessiert, ob er Nichtraucher mit seinem «gesundheitlich belastenden Gestank» stören würde. Sogar an die Verteidigungsrhetorik anderer Suchtkranker fühlten sich User Salzsteuer erinnert: «Zu den Eigenheiten suchtkranker Menschen, gleich ob Raucher, Säufer, Junkies, Kiffer, oder… , gehört es das sie ihre persönlichen Vorlieben als Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens ansehen. Suchtkranke jeglicher Couleur teilen die Welt in zwei Gruppen: Suchtkrüppel, die an der gleichen Suchterkrankung leiden, das sind die Guten. Gesunde, oder nicht an der gleichen Sucht erkrankte, das sind die Bösen.»

 

Sogar die Spanier haben’s geschafft

 

Sehr viele User verstanden auch die Aufregung nicht. luthien meinte, «Wo liegt eigentlich das Problem bei einem einfachen Rauchverbot in Restaurants, Bars und Nachtclubs? Die Italiener haben es geschafft. Die Iren haben es geschafft. Und wisst ihr was? Es funktioniert.» Auch Karamella sieht Deutschland bei den Nichtraucherregeln in guter europäischer Gesellschaft: «Sogar die Spanier haben geschafft, was keiner für möglich gehalten hätte: Die Regierung hat’s knallhart durchgesetzt.»

 

Doch es gab auch Verteidiger. F.Friedel hat nichts dagegen, dass etwas für die Nichtraucher gemacht wird, findet aber alles etwas übertrieben: «Ich beschwere mich ja als Antialkoholiker auch nicht, wenn in einer Kneipe einer neben mir sitzt, der voll ist wie eine Haubitze.» Und FGAlte fürchtet eine kommende Verbotsgesellschaft: «Ich bin Nichtraucher, aber eine Gesellschaft, die zunehmend alle Probleme mit Verboten regeln will (kein Alkohol, keine Videospiele, keine Zigaretten, keine Fernreisen usw.) finde ich irgendwie ungemütlich.»

 

Raucher sind die letzten, die man noch hassen kann

 

Und auch die Verteidiger der freien Meinungsäußerung fanden ihre Befürworter. Styrbjoern meinte dazu, dass die Auseinandersetzung in den Kommentaren doch deutlich zeigen würde, dass «einige Leute unter erhöhter Humorlsoigkeit leiden» würden. rogaskaslatina erlaubte sich noch einen Hinweis auf den Nachruf des kürzlich verstorbenen US-Literaten Kurt Vonnegut. Der sagte in einem seiner letzten Interviews zur Verbannung des Nikotins: «Zu dieser Aechtung kommt es, weil sonst niemand mehr da ist, den man hassen kann. Für mich sind Zigaretten eine Art, mit Depressionen fertig zu werden. Mir hilft das. Ich rauche, wenn ich arbeite, ich rauche jetzt, wo wir reden. Das Problem ist nur: Die Zigaretten bringen dich um. Aber wer weiß, ob ich mich ohne das Rauchen nicht längst selbst umgebracht hätte.»

[stern.de]

Carolus Magnus

Freidenker, Rebell und Nonkonformist schreibt provokativ, konzis, unkonventionell und unmißverständlich über/gegen das grassierende, genußfeindliche, puritanische Weltbild in unserer Gesellschaft. Stilmittel: Satire, Provokation, Humor, Karikatur und knallharte Facts. Ein MultiMediaMagazin für Jeden.

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One thought on “Raucher-Verfolgung

  1. Also dieser F. Friedel, den ich nicht mal kenne, hat eine gesunde Einstellung!

    ?Ich bin Nichtraucher, aber eine Gesellschaft, die zunehmend alle Probleme mit Verboten regeln will (kein Alkohol, keine Videospiele, keine Zigaretten, keine Fernreisen usw.) finde ich irgendwie ungemütlich.?

    Dem kann ich mich nur anschliessen und sagen, dass die Welt erstens bereits ungemütlich geworden ist und zweitens ich mich frage, wer denn noch den Überblick über all diese Verbote hat.

    Aus der Sicht eines Phobikers frage ich mich, warum überhaupt noch jemand sich aus dem Haus getraut, wenn er dauernd mit Bussen für irgendwelche Verordnungen und Gesetze zu rechen hat. Ob wohl deshalb die Gebärfreudigkeit der Europäer derart drastisch zurückgegangen ist?

    Mich bedauern die Jungen – nicht ich mich selbst!

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