Partielle Ausgangssperre in Zurzach

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Gedanken zu einem weiteren staatlichen Eingriff in die Privatsphäre

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Gemäß dem neuen Polizeireglement dürfen sich im gesamten aargauischen Bezirk Zurzach Jugendliche bis zum vollendeten 15. Altersjahr ohne Begleitung der Eltern nach 23 Uhr nicht mehr auf öffentlichen Straßen und Plätzen aufhalten. In Kraft getreten ist das neue Reglement am 1. April und ist keineswegs ein April-Scherz. Dieses wurde von den Behörden der 24 Gemeinden über den Köpfen der Bürgerinnen und Bürger hinweg beschlossen, denn sie durften dazu nicht Stellung nehmen.

Es hört sich ja auf den ersten Blick noch ganz vernünftig an, wenn die Behörden in Zurzach Jugendlichen unter 15 Jahren ab 23:00 Uhr den Aufenthalt auf öffentlichen Plätzen und Straßen verbieten wollen. Schließlich hatte ich in diesem Alter auch mit dem letzten Bus um 22:50 Uhr zu Hause zu sein. Ausnahmen gab es gelegentlich, wenn ein Film drei bis vier Stunden dauerte oder eine Theaterprobe länger dauerte.

Und genau hier liegt der Haken, denn wo besteht in der Schweiz eine Gesetzesgrundlage, die eine partielle Ausgangssperre oder Hausarrest zu bestimmten Zeiten erlaubt? In der Bundesverfassung steht unmißverständlich geschrieben, daß jeder Mensch das Recht auf persönliche Freiheit hat, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.

«Das Problem mit Vandalismus und Littering sei in den letzten Jahren größer geworden», sagte der Klingnauer Gemeindeammann Peter Bühlmann im DRS-Regionaljournal Aargau-Solothurn. Nun wolle man die Eltern stärker in Pflicht nehmen.

Was mich hier bedenklich stimmt ist die Tatsache, daß aufgrund von testosterongesteuerter Ordnungswidrigkeiten im jugendlichem Alter, in dem wir alle auch mal waren, gleich mit der Kanone auf verfassungsrechtliche Freiheiten geschossen wird. Bühlmann hat recht und er hat unrecht! Die Eltern in die Pflicht nehmen ist immer gut, beispielsweise die Eltern schulen, damit es den Kindern besser geht – nicht aber dabei die Polizei meinen! Die Schweiz ist nicht China und sollte es auch nie werden. Es ist und bleibt alleinige Aufgabe der Eltern, nicht etwa der Polizeiorgane, Jugendlichen gesunde Grenzen aufzuzeigen und sie zu erziehen. Hier scheint wieder einmal dem (Polizei-)Staat ein Schnellschuß aus der Hüfte abgegangen zu sein. Zurzach steht beileibe nicht alleine da, denn einige weitere Schweizer Gemeinden haben dies ebenfalls verfassungswidrig eingeführt.

Höchste Zeit also, hier endlich gegen solch undemokratisches, bevormundendes und einer Schweiz unwürdigen Tuns ein- und durchzugreifen, sonst verkommt die Schweiz sehr bald zu einer, staatlich verordneten und durch Gewohnheitsrecht sanktionierten, verhaltenstherapeutischen Verbots-Diktatur, wie weiland in Rußland Gesinnungstäter oder Kritiker in, als psychiatrische Kliniken getarnten Gefängnissen entsorgt wurden, zu einem Kindermädchenstaat für Erwachsene also, das mehr und mehr auf militaristische Gleichmacherei hinauszielt.

Ein aufsässiger, freiheitsfeindlicher Staat, der stets am besten wissen will, was gut für den, in seinen Augen, unmündigen Bürger ist, obwohl derselbe Staat nach jeder Wahl durch die Parteipräsidenten an der «Elephantenrunde» beteuert (einige haben sich gelegentlich auch schon diesbezüglich verplappert, indem sie, getreu nach einem sogenannten Freud’schen Fehler, ungewollt die wahre Gesinnung aussprachen), daß das Volk die oberste Instanz sei und der Bürger mündig – ein solch heuchlerischer Staat muß gestoppt werden! Ein Staat, deren Politiker nicht nur anbiedernd nach Abstimmungen Honig um die bereits finanziell völlig ausgepreßten Münder der Mittel- und Armutsklasse schmiert, sondern dies noch weiter mit Gesundheits- und Kindermädchenbevormundung übertreiben will, kann und darf so nicht weiter akzeptiert werden!

Dem Staat muß, genau so wie den Zurzacher Jugendlichen, klar und eindeutig signalisiert werden, wo seine Grenzen sind! Erkennt der Staat diese nicht, wird früher oder später Anarchie herrschen, denn wenn der Staat sich nur noch über Verbote innenpolitisch definieren kann, wäre dies der endgültige Beweis, daß er überflüssig geworden ist und man darf vermuten, daß er dies bereits weiß, denn anders kann ich mir diese Verbots- und Gesetzesmanie nicht erklären. Wir haben bereits derart viele Gesetze, Verordnungen und Ordnungsstrafen, Ge- und Verbote, geschriebenes als auch ungeschriebenes Gesetz, täglich unterstützt und erinnert durch die Massenmedien, daß kaum noch ein Bürger merkt, wie er gemelkt, gehirngewaschen und in seinem täglichen Leben ungebührlich eingeschränkt wird. Er hat sich bereits zu stark an den sogenannten «ganz normalen Wahnsinn» gewöhnt.

Kosten des Vandalismus sind bei unmündigen Kindern den Eltern in Rechnung zu stellen, so zumindest steht es im Gesetz. Um dem Littering vorzubeugen, gäbe es genug vom RAV Ausgesteuerte und Arbeitslose, die noch so gerne einer anständig bezahlten Arbeit nachgehen und den Abfall beseitigen würden. Auch verurteilte Kleinkriminelle mit Haftstrafen unter 3 bis 6 Monaten könnten als Wiedergutmachung für ihre Taten dafür herangezogen werden. Man darf nicht erst am falschen Ort, wie bei der Straßenreinigung sparen, bloß um hernach sich ungebührlich in die Privatsphäre erwachsener Eltern einzumischen. Hier scheint der Staat langsam aber sicher seine Grenzen nicht mehr zu kennen. Kaum ein Tag vergeht, wo nicht irgendein Bevormundungsartikel geschaffen werden soll.

Doch auch hier gilt: Wie die Eltern, so die Kinder – oder der Apfel fällt nicht weit vom Stamm! Wenn Eltern ihre Kinder nicht sozialtauglich erziehen können, wenn Lehrer während der Schulzeit nicht konsequent handeln und durchgreifen, dann liegt das Problem dort, muß an der Wurzel gelöst werden und nicht auf dem Polizeiposten mit Personalienerfassung, Fingerabdruckspeicherung von Spitzbubenstreichen und Bussen für die Verletzung einer Ausgangssperre, die eine freiheitliche Schweiz nicht nur im Ausland der Lächerlichkeit preisgibt. Eine solche Raubrittermentalität ist nun wahrlich nicht der Gedanke von 1848, dem Jahr der Gründung unserer Confoederatio Helvetica und rechtfertigt auch die in Aussicht gestellten Busseinnahmen des Bezirks Zurzach niemals!

Eine Politik des Schweizer Staates also, der es in Wirklichkeit, wie schon zu meines Großvaters Zeiten, immer nur auf den Geldbeutel des kleinen Mannes abgesehen hat und nicht etwa, wie uns hier vorgegaukelt werden soll, auf das Geld der noch nicht erwerbstätigen Kinder. Die einzig vorstellbare Motivation ist es, aus wahltaktischen Gründen auf kosmetische Einkommensteuersenkungen mit einer stetigen, unlimitierten Erweiterung des Bussen-Kataloges und einer Steigerung der Gebühren zu reagieren und zu spekulieren – ein Nullsummenspiel auf Kosten der Freiheit aller.

Hauptverantwortlich für unerzogene Kinder ist die stets weiter voranschreitende Armut in der Schweiz, die beide Elternteile oft bis spät in die Nacht hinein mit Zweitjobs arbeiten lassen, damit sie überhaupt über die Runden kommen. Hier rächt sich das «Geiz ist geil» Prinzip sowie die Lohnpolitik der Arbeitgeber, der einigen sozialen Zündstoff enthält. Dies läßt die Mindestlohnforderung der Gewerkschaften von 4500 Franken monatlich in einem ganz anderen Licht erscheinen, verdient doch Vasella in etwa 17.000 Franken die Stunde (!) und sollte die Arbeitgeber nachdenklich stimmen, statt mit Arbeitsplatzverlusten und weiteren hirnrissigen Falschaussagen die schon genug gebeutelte Mehrheit der Bevölkerung verängstigen zu wollen, denn weder Geiz, noch Geld ist geil, sondern bloß Mittel zum Zweck und eine charakterliche Einstellungssache.


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Herausgepickt

[Carolus Magnus]

Carolus Magnus

Freidenker, Rebell und Nonkonformist schreibt provokativ, konzis, unkonventionell und unmißverständlich über/gegen das grassierende, genußfeindliche, puritanische Weltbild in unserer Gesellschaft. Stilmittel: Satire, Provokation, Humor, Karikatur und knallharte Facts. Ein MultiMediaMagazin für Jeden.

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16 thoughts on “Partielle Ausgangssperre in Zurzach

  1. Pingback: Pligg
  2. Einige Verbote machen Sinn wie z. Bsp Telefonieren ohne Freisprech im Auto

    Viele Verbote kann ich nachvollziehen, obwohl ich damit nicht einverstanden bin:
    – Rauchverbote (leider bald überall)
    – auf die Strasse spucken (Winterthur)
    – nach 23:30 draussen Alkohol trinken (Chur)
    – Ausgehverbot für Junge (Bez. Zurzach)
    ………

    Welche gagoiden Verbote sind:
    – Telefonierverbot im Tram (Graz)
    – Alkoholverkauf an Tankstellen ab 21:00 (Idee unserer BAG-Freunde)
    – und was weiss ich noch was…

    Wetten, als nächstes kommt ein Alkoholverbot in Beizen wegen den Passivsäufern (Alkoholdampf in der Luft, ausgelehrtes Bier über die Hose, Ausdünstungen von Trinkern ……)
    Selbverständlich bekommen die Winzer weiterhin Subventionen wenn sie die Trauben auf den Miststock werfen.

    Wann wird Dummschwätz verboten?
    (ok, dann müsste das Bundeshaus zum Knast erklärt werden)

  3. Muss man heute tagsüber wirklich das Licht einschalten?
    Früher war es mal verboten, dann erlaubt, was den Töfffahrern nicht gepasst hatte

    Da kann ich nur mit meinen «Lieblingswort» antworten : gagoid.

    «Um dem Littering vorzubeugen, gäbe es genug vom RAV Ausgesteuerte und Arbeitslose, die noch so gerne einer anständig bezahlten Arbeit nachgehen würden»

    Du willst Arbeitslose noch zusätlich bestrafen, indem du sie zu Denuzianten machen willst?
    Und dann noch mit

    «Auch verurteilte Kleinkriminelle mit Haftstrafen unter 3 bis 6 Monaten könnten als Wiedergutmachung für ihre Taten dafür herangezogen werden»

    Kriminellen gleichsetzt?

  4. Automobilisten brechen das Gesetz bewusst, wenn die Reglementierung nicht logisch erscheint. Eine gerade, trockene und übersichtliche Autobahnstrecke verleitet dazu, die Tempolimiten zu ignorieren. Verkehrsplaner raten, keine Tiefgeschwindigkeitsprogramme anzuordnen, sondern flexibel zu beschildern, den jeweiligen Witterungs- und Strassenverhältnissen angepasst. Die Signale müssen sinnvoll sein. Was auf den Autobahnen und Überlandstrassen fehlt, gibt es in den Agglomerationen im Überfluss. Alle paar Meter definieren Schilder und Signale das Verhalten, die Regulierungsdichte ist dort wiederum zu hoch. BfU-Forscher Siegrist sagt, man solle doch den Schilderwald etwas ausholzen, um dessen Akzeptanz zu erhöhen: «In der Stadt Zürich müsste man im Schritttempo fahren, um die Bedeutung aller Schilder begreifen zu können.»

    Quelle: http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=7092&CategoryID=60

  5. Da gibt es eine gefährliche Überreglumentierung.
    Wenn vor jeder scharfen Kurve ein Wahrnschild steht muss man ja nicht mehr denken und hat dann in den Kurven ohne Warnschild ein kleines Problem.
    Denken beim Fahren wird einem abgenommen.
    Wie das Denken überhaupt.
    «Eigenverantwortung» ist zum Synomym zum «selber bezahlen» verkommen.

    Ich empfehle allen wieder einmal George Orwell, 1984 zu lesen.
    Weniger mit dem Blick auf Überwachung (das auch) sondern mit dem Blick auf den grossen Bruder, das weiss, was für uns gut ist.

  6. Schleierhaft, wer daran ein Interesse haben kann, das Volk derart abhängig zu machen und zu verdummen. Das sieht man exemplarisch, wenn mal an einer Straßenkreuzung die Ampeln ausfallen. Dann steht jeder auf die Bremse und es entsteht ein Stau, bloß weil der gesunde Menschenverstand die Verkehrsregeln aufgrund des Bemutterungsstaates nicht mehr kennt.

  7. Das weiss ich auch nicht. Ich will ja keine Verschwörungstheorien verbreiten.
    Von Zeit zu Zeit sind Beamte einfach zu blöd.
    Bsp. Beim Kreisverkehr in meiner Nähe hat es ca. 8 Jahr gebraucht, bis alle begriffen haben, wie das funktioniert.
    Viele wurden verwirrt weil uns die Ämter gsagt haben, es herrsche Linksvortritt.
    Was nicht stimmt, es ist normaleer Rechtsvortritt, an jeder Einfahrt hat es Haifischzähne.
    Sie hätten uns auch sagen können «wer drin ist hat Vortritt».

    Oft ist es auch eindimensionales Denken:
    Da wird in Beizen das rauchen verboten. Später bemerken unsere «lieben» Politiker, dass Heizpilze CO2 produzieren uns sollen auch verboten werden (vieleicht sind sie schon verboten)
    Schäuble aus Deutschland will Trojaner auf PC und Handys von «Terrorverdächtigen» per e-mail installieren. Wer öffnet da noch mail von einer Behörde? Die Kommunikation muss wieder aus snail-mail umgestellt werden.
    Rauchen ist im ÖV verboten. Dient es dem Umweltschutz, wenn mehr Personen wieder das Auto aus der Garage nehmen?

    und dutzende andere Beispiele

  8. Das vorgesehene Verbot von wärmenden Heizpilzen an kalten Tagen dient nur der Gängelung von Rauchern. Vor der Rauchverbotsdebatte in der elfköpfigen Kommission kam niemand auf den Gedanken, das diese CO2 emittieren und gar zu verbieten. Sonst müßte man Cheminées schon längst verboten haben! Man will Rauchern einfach ihren Genuß nehmen und einen einheitlichen Menschen produzieren. ehe, es hat noch einer in Zukunft Spaß am Leben!

    Dies dient der Befriedigung von Leuten die entweder pathologische Phobiker sind oder bei denen sonstwie die Angst vor dem Unbekannten massiv im Vergleich zu den andern vier Grundängsten überwiegt.

  9. Wenn ich das mit «Gängelung der Raucher» übersehe, muss ich doch feststellen, dass sich niemand über die Folgen ihres Handeln Gedanken macht.
    Ausser es ist Absicht.

    Ich kann der Politik Dummheit/schmaler Horiziont oder Bösartigkeit vorwerfen.
    Ich plädiere für Dummheit

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